10 Jun, 2008
Tchibo III: Drama!
Erst dachte ich schon, ich müsste auf Herausgabe klagen, weil die Skandal-Shirts zwar bezahlt, aber immer noch nicht im Briefkasten waren, aber jetzt zieren sie schon meinen Kleiderschrank. Tchibo hätte sie übrigens gerne zurück.
Achim Lohrie, der Chef der Unternehmensverantwortung bei Tchibo, ist ein humorvoller Mensch. Tchibo zu einem Konzern zu machen, der sauber und sozialverträglich produziert, scheint sein Lebenswerk zu sein.
Aber die schiefgegangene Zusammenarbeit von Spreadshirt und Tchibo, die mir die T-Shirts beschert hat, führt auch zu einer Art Familienkrach und Achim Lohrie ist jetzt der Senior, der schimpft, die Kinder könnten es halt nicht.
Denn natürlich haben Lohrie und Team bei Spreadshirt darauf gedrungen, dass mit Lieferanten gearbeitet wird, die nicht nur schriftlich zusichern, dass sie nicht Frauen und Kinder für Hungerlöhne schuften lassen, sondern die sich auch kontrollieren lassen. Deshalb hat Lohrie auch zunächst eine „gelbe Laterne“ gesetzt, als es darum ging, über die Kooperation mit den Youngstern aus Leipzig zu entscheiden. Das muss man sich wie an der Ampel vorstellen. Wenn Lohries Team grün ruft, geht der Konzern Tchibo über die Straße, bei Rot bleiben alle stehen.
Im Endeffekt sind die Tchibo-Shirts in Pakistan, Bangladesch und der Türkei genäht worden, und zwar in Produktionsstätten, die Lohrie für clean hält. Dass er sich vorsichtig äußert, ehrt ihn, denn immer wieder bringen akribische Recherchen etwa der Kampagne für Saubere Kleidung Skandale ans Licht und wir blicken erneut in traurige Gesichter von ausgebeuteten Frauen und Kindern, die unsere Kleidung nähen.
Weil Tchibo sich anstrengt, ärgert sich das Imperium jetzt besonders, dass Spreadshirt ohne Zucken diese Anklagen auf meine Shirts gedruckt hat. „Wir wollen nicht ganze Stadtteile damit versorgt sehen“, sagt Achim Lohrie und schimpft jetzt mit Spreadshirt. Außerdem hätte Herr Lohrie gerne die Shirts in die Konzernzentrale am Überseering in Hamburg. Er erstattet meine Auslagen und gibt mir noch ein Pfund fair gehandelten Tchibo-Kaffee oben drauf (gibt es den überhaupt?).
Alle Achtung, habe ich gedacht. Der ist nicht von schlechten Eltern. Aber wie ihr wisst, liebe Leserinnen und Leser des Blogs, ich bin im Vollbesitz aller meiner Zweifel und möchte lieber mal gucken, ob in den Produktionsstätten von Tchibo wirklich alles in Ordnung ist – unangemeldet natürlich. Company tour – anywhere, anytime – das wäre was.
Dafür tausche ich die Shirts, Herr Lohrie.
Bleibt alle anständig angezogen. Bis bald.
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Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
Veröffentlicht in: Tchibo