18 Apr, 2013
Konkurrenz
Manche Leute sollen schon Angst haben, durch eine App ersetzt zu werden. So weit ist es bei mir noch nicht, aber wie sehr sich das Einkaufen durch das Internet verändert hat, wurde mir erneut klar, als ich vergangenes Wochenende zur Eröffnung des neuen Glore-Ladens in Hamburgs Marktstraße zu Gast war. In der Marktstraße reiht sich Modeladen an Modeladen. Und das nahe Schanzenviertel ist in jedem Reiseführer erwähnt, so dass Hochbetrieb garantiert ist.
Die Trendsetter aus dem Viertel sind digital Natives, die quasi mit Laptop, Smartphone und Ipad geboren sind. Und so stehen sie auch in Wiebke Hövelmeyers grünem Concept-Store. Die neue Kundschaft scannt und googelt die Strümpfe von Minga Berlin, die Neon-Shirts von keregan oder die Kleider von L´herbe rouge. Vielleicht um mehr über die Marke zu erfahren, vermutlich aber, um zu checken, ob sich die grüne Ware nicht doch irgendwo billiger bekommen lässt. Selbst wenn kein Sofort-Rabatt zu haben ist, ködern viele Internet-Plattformen nach der ersten Bestellung mit einem Einkaufsgutschein für den nächsten. Und schwupps, verlassen diese jungen Kunden wieder Wiebkes Laden. Bernd Hausmann beobachtet in seinem Glore-Laden in Nürnberg dasselbe Phänomen.
„Der Laden in der Querstraße, in dem ich vorher war, war kleiner und enger. Da zückte man nicht so ungeniert sein Handy, um Preise zu vergleichen“, sagt Wiebke. Der neue weißgestrichene Laden ist größer, schöner, aber auch anonymer. Und zieht eben unter anderem die Barcode-Scanner-Jugend an, die ungeniert via Internet shoppt, während die Ladenbesitzer so unübersehbar wie der Eiffelturm daneben stehen. „Klar kommen auch weiterhin diejenigen, die meinen Laden und seine Philosophie unterstützen wollen“, betont Wiebke, deren Laden an diesem Nachmittag brummt. Laufend kommen Leute in den Laden und Wiebke schleppt Jeans und krempelt Hemden-Ärmel um. Manche Sommerkollektionen wie die der armedangels verkaufen sich quasi von alleine, Newcomer wie „Wunderwerk“ brauchen mehr Beratung. Dabei sind gerade die Batik-Shirts des Düsseldorfer Labels, die so ein bisschen psychedelisch anmuten, mein persönlicher Favorit im Laden. Im Juli kommen dann noch die skinny Batik-Denim von Wunderwerk – „top für´s Schaufenster“ wie Wiebke sagt.
Die richtige Mischung von Labels zu haben – und auch ein paar Exoten – ist für Wiebke umso wichtiger, weil es noch ein zweites Phänomen gibt, das bundesweit zu beobachten ist: die Konkurrenz gleich nebenan. In der selben Straße – schräg gegenüber – eröffnet nächsten Samstag noch ein grüner Klamottenladen („grün, fair, veggie“). „Stadtgrün“ profitiert davon, dass die Kunden durch Glore gelernt haben, dass es in der Gegend grüne Mode gibt. Ob der Kuchen groß genug ist für zwei Läden, wird sich zeigen. Wiebke bleibt gelassen, sie hat jetzt drei Jahre Erfahrung im Handel und fühlt sich gerüstet. Druckst etwas herum und erzählt, dass so eine größere Fläche sich eben doch anders anfühle. „Ich nehme mich jetzt selber ernster“, sagt sie, lächelt und klettert schon wieder auf die rosa Leiter, um nach ein paar Jeans für eine Kundin zu fischen.
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Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |






