26 Apr, 2014

Bio-Baumwolle nicht knapp

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„Bio-Baumwollproduktion nimmt trotz steigender Nachfrage ab“, „C&A warnt vor Lieferengpässen bei der Beschaffung von Bio-Baumwolle“ – So oder ähnlich lauteten kürzlich die Schlagzeilen, die bei Kennern der Szene wie ein verspäteter, schlechter Aprilscherz daherkamen. C&A hatte nach dem Motto: „Only bad news are good news“ eine steile These in die Welt gesetzt und so den Eindruck erweckt, dass Bio es einfach nicht schafft. „Grüne-Mode“ hat deshalb Baumwoll-Expertin Alexandra Perschau von „Future for Cotton“ um einen Fakten-Check gebeten.

Gibt es bald oder gar schon jetzt zu wenig Bio-Baumwolle, um die Nachfrage zu decken? Mitnichten, möchten all diejenigen rufen, die seit vielen Jahren die Entwicklung der Anbauprojekte genau verfolgen. Sei es in Afrika oder Zentralasien, es gibt viele Beispiele, die belegen, dass Projekte ihre biologisch angebaute Baumwolle gar nicht oder nur teilweise in diesen Premiummarkt verkaufen können. Viele warten darauf, dass die von den Brands angekündigte steigende Nachfrage tatsächlich bei ihnen ankommt. Bei Projektleitern und engagierten Farmerinnen und Farmer muss die Meldung des Lieferengpasses massive Irritation ausgelöst haben. Und natürlich fragt man sich, ob die Meldung dazu dient, es Modeunternehmen leichter zu machen, sich anderen, aus Umweltsicht weniger anspruchsvollen Programmen zuzuwenden, die unter dem Titel „nachhaltige“ Baumwolle laufen.

Wer sich die Mühe machte, statt der missglückten Presse-Erklärung die C&A-Broschüre „Let´s take Bio Cotton to everyone every day“ zu lesen, war erstaunt, denn statt einem Abgesang auf Bio-Baumwolle stand dort durchaus das Richtige. Nämlich dass Bio-Baumwolle nicht vom Himmel fällt, sondern es viele Herausforderungen gibt – Umstellungsphasen vor der Bio-Zertifizierung, Zugang zu Saatgut oder Wissenstransfer über biologische Anbaumethoden. Kurz und gut, es klang nicht nach einem Einstieg in den Ausstieg, sondern durchaus nach einem grundlegenden Verständnis für den Bio-Baumwollanbau,  das vielen Brands fehlt. Der Appell an die anderen Akteure, von Konsumenten bis zu den anderen Modeanbietern, sich für Bio-Baumwolle stark zu machen, ist richtig und war gut gemeint, ging aber unter, weil die Schlagzeile der Meldung einfach falsch gewählt war.

Ungelöste Herausforderung: Angebot und Nachfrage zusammenbringen

Die gute Nachricht ist: Die Nachfrage für Bio-Baumwolle steigt tatsächlich! C&A ist laut des Textile Exchange Market Reports 2012 weltweit größter Abnehmer von Bio-Baumwolle. Die bereits erwähnte C&A Broschüre gibt für 2012 die Nutzung von 22.500 Tonnen Bio-Baumwolle an. Bei einer weltweiten Gesamtproduktion von 138.813 Tonnen in der Anbausaison 2011/12  hat das Unternehmen somit 16,2 Prozent der globalen Erntemenge verwendet. Die Tendenz ist sogar steigend, denn in 2013 hat C&A den Anteil von Bio-Baumwolle am Gesamt-Baumwollsortiment weiter ausgebaut, von 30 Prozent in 2012 auf 38 Prozent in 2013. Und auch andere Unternehmen scheinen -in mehr oder weniger rasanten Tempo – ihren Versprechen, mehr Bio-Baumwolle nutzen zu wollen, nachzukommen. So steigerte sich H&M von 7,8 Prozent (2012) auf immerhin 10,8 Prozent Bio-Baumwolle in 2013. Im Textile Exchange Market Report 2012 wurden erstmals zwei Top Ten Listen veröffentlicht, nämlich die der TOP TEN Unternehmen gemessen am Volumen (Tonnen), die zweite Liste hat die Wachstumsraten in der Vordergrund gestellt, auch um Unternehmen wie Otto zu loben, die trotz einer Wachstumsrate von 41 Prozent es nicht in die TOP TEN der mengenmäßigen Nutzer geschafft haben. Zusammengefasst: Es ist Bewegung im Markt und die Nachfrage nimmt tatsächlich zu.

Das Problem: Nicht alle Produzenten profitieren von dieser gesteigerten Nachfrage. Und so kann C&A tatsächlich Beschaffungsprobleme bekommen. Denn das Unternehmen setzt nur auf Indien. Das Land ist zwar mit Abstand der größte Bio-Baumwoll-Produzent. Immerhin knapp drei Viertel des globalen Bio-Baumwollanbaus findet in diesem Land statt und auch die Weiterverarbeitung bis zum fertigen Textil ist dort möglich. Gleichzeitig steht Indien aber in besonderem Maß vor dem Problem gentechnik-freies Saatgut zu bekommen. Für Projekte in anderen Anbaunationen, die nicht über eine vollstufige Weiterverarbeitung verfügen ist es ungleich schwerer, ihre Bio-Baumwolle zu verkaufen. Ob in Kirgistan, Tadschikistan, Mali oder im Senegal  – da gibt es zwar den begehrten Rohstoff und dennoch besteht das Risiko, dass die Produzenten darauf sitzen bleiben.

Die große Herausforderung besteht darin, die wachsende Nachfrage mit dem Anbau zusammenzubringen. Das ist wichtigen Akteuren bewusst. So sagt Liesl Truscott, Farm Engagement Director von Textile Exchange: „Wir haben zusammen mit der C&A Foundation, Cotton Connect und einer Reihe von Unternehmen den Organic Cotton Accelerator ins Leben gerufen. Die Zusammenarbeit des Sektors ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Ob das alleine reicht, bleibt offen. Ein gemeinsamer Marktplatz ist aber eine gute Idee. Denn letztendlich zeigt das Phänomen der Diskrepanz zwischen Anbau von Bio-Baumwolle und deren Nachfrage die grundsätzlichen Knackpunkte der Textilbranche: Vertrauensvolle und langjährige Partnerschaften auf Augenhöhe und Transparenz, Transparenz, Transparenz!

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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