07 Jan, 2015

Stoffe für die Zukunft mit Fasern der Vergangenheit

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F-ABRIC im Freitag-Store Berlin

Freitag macht jetzt Mode. Aus LKW-Planen? Nein, natürlich nicht!

Nach über 20! Jahren  abeitet das wohl erfolgreichste Upcycling-Taschen-Brand der Welt zum ersten Mal mit anderen Stoffen. Die Pioniere des Direktrecyclings haben 3 eigene Materialien entwickelt. Komplett aus nachhaltigen Fasern, komplett in Europa hergestellt und in einem Mix, der kompostierbar ist. Die erste Kollektion gibt es bereits in den Freitag-Stores und auch bei ausgewählten Händlern zu sehen.

Eigentlich hatten die Freitag-Macher_innen nur nach Arbeitskleidung für die eigenen Mitarbeiter_innen gesucht. Doch sie suchten etwas, was sie nirgends fanden: „Einen robusten, konsequent nachhaltig produzierten und kompostierbaren Stoff, made in Europe.“ So entstand die Idee, selbst ein Material zu entwickeln, bzw. wurden es dann gleich 3. Unter dem Label F-ABRIC gibt es einen festeren aber im Griff weichen Broken Twill für Hosen (81 % Leinen, 19 % Hanf), einen lockerleichten Jersey (75 % Modal, 15 % Leinen, 10 % Hanf) und einen Herringbone-Futterstoff für die Hosentaschen (51 % Modal, 49 % Leinen).

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F-ABRIC-Showcase mit ankompostierten F-ABRICs

Neben den Stoffen sind auch alle Nähgarne und Nahtbänder aus kompostierbaren Fasern, sodass alle Teile der Kollektion ohne Abstriche in einen natürlichen Kreislauf überführt werden können, wenn sie einmal aufgetragen sind. Das dürfte in der Regel einige Jahre dauern, denn die Materialien und die Verarbeitung machen einen sehr robusten Eindruck, wie man das ja auch von Freitag gewohnt ist.

Alle Produktionsschritte finden maximal 2500 Kilometer von der Freitag-Homebase in der Schweiz statt. Es ist somit in textilindustrieellen Maßstäben eine relativ lokale Produktionskette. Die beiden Webstoffe werden in Italien gefertigt, der Jersey wird in Portugal gestrickt. Die Pflanzen für die Fasern – Hanf , Flachs für Leinen, Buchenholz für Modal – wachsen ebenfalls allesamt in Europa und werden auch in Europa versponnen.

Modisch besteht die Kollektion aus soliden Basics mit dem gewissen Etwas. Ein Männer und ein Frauen-T-Shirt mit Brusttasche, ein Männer und ein Frauen-Henley (Longsleeve mit Knopfleiste), eine Workerpant, ein Workdress und ein Beutelrucksack mit Tragesystem aus Planenmaterial. Die Planenteile sind abnehmbar und somit ist auch der Rucksack kompostierbar. Neben pastelligen Farbtönen gibt es klassisches schwarz und dunkelblau. Minimalismus in Perfektion.

Wer in einer Stadt mit Freitag-Store unterwegs ist, sollte sich das Ganze mal anschauen. Die Präsentation ist sehr gelungen. Auch „ankompostierte“ Materialproben (siehe Display oben) werden gezeigt. Es ist vor allem auch die Haptik, die diese Kollektion so besonders macht. Und dann gibts da noch einen Productclip ähnlich dem Folgenden mit einer interessanten Zauberbrille zu sehen. Mehr Infos zu F-ABRIC findet ihr hier. Eine Übersicht aller derzeitigen Händler gibt es ebenfalls.

     
 Lars Wittenbrink   Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs.

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Veröffentlicht in: News

4 Kommentare auf "Stoffe für die Zukunft mit Fasern der Vergangenheit"

1 | Konrad

Januar 7th, 2015 at 23:31

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Einige der Produkte sind aus deren selbst hergestellten Stoff „Modal“, was nach Webseiten-Auskunft wohl aus Zellulose hergestellt werde. Mein letzter Wissensstand ist, dass für die Gewinnung von Zellulose-Stoffen starke Chemikalien nötig sind und auch auf deren Webseite steht, dass die Buchenholzspäne in Säure aufgelöst werden würden. Das klingt jetzt aber nicht besonders ökologisch vertretbar. Wisst ihr dazu was? Kann diese Säure leicht wieder abgebaut werden? Oder ersetzt man hier nur das Problem des Chemikalieneinsatzes in der (nicht-bio) Baumwollproduktion durch das Problem des Chemikalieneinsatzes zur Viskoseverarbeitung?

2 | Lars Wittenbrink

Januar 8th, 2015 at 11:44

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@Konrad: Richtig ist, Zellulosefasern/Regeneratfasern brauchen immer eine Lösungsmittelchemie im Prozess. Bei konventionellen Viskosen ist die Chemie meist recht toxisch und in Ländern mit geringer Umweltregulierung gelangen diese Chemikalien oft ungeklärt in die Umwelt.

Modal ist keine konventionelle Viskose, aber auch hier wird ein Lösungsmittel benötigt. Anders als andere Modalproduzenten hat die Firma Lenzing aus Österreich für Modal einen Prozess entwickelt (Edelweiß Technology), in dem sie das Lösungsmittel zurück gewinnen und im Kreislauf führen können. Zudem wird auch ein weniger toxisches Lösungsmittel eingesetzt. Im Prinzip wurde das Konzept von Lyocell/Tencel auf Modal übertragen.

Im Unterschied zu konventionellen Viskosen und konventionellen Modalfasern schätzen wir Lyocell und Modal Edelweiß daher als in der Ökoblanz vergleichbar zu Bio-Baumwolle ein. So zeigt es auch der made-by-Faser-Benchmark für Lyocell. Für Modal Edelweiß und Monocel gibt es noch keine Einordnung im made-by-Benchmark. Die soll jedoch im Laufe diesen Jahres mit einem größeren Update folgen.

Für die Übergangszeit haben wir den Benchmark für den Blog mit Prognosen eines Chemikers und Faserexperten ergänzt. Als Einkaufshilfe sowohl für Konsument_innen als auch für grüne Conceptstorebetreiber:
https://www.kirstenbrodde.de/?p=3860

3 | Konrad

Januar 10th, 2015 at 01:09

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@Lars: Sehr gut, danke für die ausführliche Antwort und den Link zum Faser-Artikel.

4 | Kristian

Juni 18th, 2015 at 10:49

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Mich interessiert vor allem, welches Nähgarn verwendet wurde. Für eine Bio-Jeans bin ich auf der Suche nach kompostierbaren und nachhaltig produziertem Nähgarn mit ausreichender Haltbarkeit, so dass die Hosen nicht gleich wieder auseinander fallen.

Kennt jemand Bezugsquellen?

Oder tut es auch einfacher Baumwoll-Garn?