12 Sep, 2008

Fairgnügt

Beim Thema Moral ging es in der Mode immer um Rocklängen. Das ist erst anders seit es Modelabel gibt, die fair produzierte Kleidung anbieten, weil ihnen das Wohl der Bauern auf den Felder und das der Näherinnen am Herzen liegt. Für die Baumwolle wird ein Preis weit über dem mageren Weltmarktniveau gezahlt plus eine Bioprämie und auch die Löhne für die, die in Nähateliers schuften, liegen höher als normal. Keiner versucht, ausgerechnet bei den Schwächsten die Preise noch ein paar Cent zu drücken, um selber mehr Profit zu machen. DAS ZEIGT MUT, MORAL UND MITGEFÜHL. Als Lokalpatriotin habe ich ein Faible für unsere Modefirma „Fairliebt“, die in Hamburg ökologisch und ethisch einwandfreie T-Shirts anbietet und deren zwei hochsymphatische Macher jeden Tag für ihr Projekt ackern. Wiebke Hövelmeyer und Mathias Ahrberg bekommen ihre Shirts von der Produktionsgemeinschaft LamuLamu, in der sich Bauern und Arbeiter aus Afrika zusammengeschlossen haben, die ökofaire Kleidung fertigen. Angebaut wird in Tansania, weiterarbeitet in Kenias Haupstadt Nairobi. Bedruckt wird in Hamburg. Die beiden machen auch Auftragsarbeiten nach eigenen Motiven. Ihre Shirts kosten 22 Euro. Wer sich auskennt, weiß, dass sie damit der Billigheimer unter den Fairtrade-T-Shirt -Anbietern sind! Zum Auftakt der fairen Woche in Hamburg standen sie den ganzen Tag am Hafen, um vorzuführen, wie Kleidermachen auch anders geht. Die Stadt hatte leider nichts Besseres zu tun gehabt, als das Vorzeige-Shirt, dass während der fairen Woche an die Hanseaten verkauft wird, bei einer Firma zu bestellen, die mit bio und fair sonst nichts am Hut hat. Natürlich hat man dort flugs ein sauber und sozialverträglich hergestelltes T-Shirt produziert hat, schmückt sich damit und geht nach Ende der Action wieder zum Business as Usual über. Letztendlich ist das Greenwashing dieser Firma, gedeckt von der Stadt Hamburg. Und dabei haben wir mit Fairliebt ein Label, was faire Produktion nicht als Marketinggag betrachtet, sondern aus Überzeugung handelt. Warum, lieber Bürgermeister Ole von Beust, fragst du nicht an der richtigen Stelle? Habt ihr schon mal fair gehandelte Kleidung gekauft? Hatte sie Bügelsex – sprich sahen die sauberen Sachen auch gut aus? Schreibt mir. P.S. Die Botschaft auf dem Shirt oben ist kniffelig. Es heißt: KEIN BOCK AUF H&M! Es gibt auch noch KEIN BOCK AUF MCDONALDS (ebenfalls in Lautschrift geschrieben). P.P.S: Christoph Harrach von Karmakonsum hat einen Blogkarneval zum Thema fairer Handel gestartet, an dem viele grüne Blogs und auch ich in den nächsten zwei Wochen teilnehmen werden und zum Thema schreiben. Auf Christophs Seite könnt ihr nachlesen, was andere Blogger zum Thema sagen. Bei mir wird es speziell um fair gehandelte Klamotten gehen.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: Label

6 Kommentare auf "Fairgnügt"

1 | klaus werner-lobo

September 17th, 2008 at 22:49

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zur aktion von karmakonsum.de hier eine kritische anmerkung:http://unsdiewelt.com/2008/09/gut-gemeint-ist-das-gegenteil-von/
lg klaus

2 | admin

September 18th, 2008 at 10:00

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@ Klaus: Dein Plädoyer zugunsten von regionaler und saisonaler Ernährung als allererste Möglichkeit, sich ökologisch vorbildlich zu ernähren, teile ich absolut!

Bei deiner kritischen Haltung zu fairtrade-Produkten insgesamt bin ich aber ambivalent. Ich kenne diese Kritik auch bei Biowaren, die von weit weg eingeflogen werden. Im Prinzip gilt für mich: Jeder Bioacker mehr in der Welt ist erst mal gut und jedes fair gehandelte Produkt ist besser als ein konventionelles.
Lg, Kirsten

3 | klaus

September 18th, 2008 at 17:15

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ich hab aber doch eh keine kritische haltung zu fairtradeprodukten INSGESAMT. fairtrade ist jedenfalls die bessere alternative zu konventionell-ausbeuterischem welthandel, aber nicht zu regionaler produktion. also: fairtrade-kaffee statt nestlé, aber honig oder wein aus der region statt (auch fairtrade) aus mexiko oder chile. oder: besser fairtrade-bananen als chiquita, aber besser äpfel als bananen. vor allem aber: besser politisches bewusstsein als unreflektierte lifestyle-konsumtrends, auch wenn sie lohas heißen
lg klaus

4 | admin

September 18th, 2008 at 20:57

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@Klaus: Debatte gefällt mir sehr! Also liegen wir doch näher zusammen als gedacht, was die Haltung zu Fairtrade-Produkten insgesamt angeht. Gut.
Wie mache ich das bei Textilien? Ist mein T-Shirt von fairliebt aus Hamburg besser (regional) als die internationale Marke Misericordia, die in Peru Fair Fashion herstellt? Irgendwie scheint mir das bei den Klamotten Quatsch, die gegeneinander auszuspielen? Klar, mein Herz gehört den Kleinen und auch der kleinen, feinen Gründeravantgarde in Deutschland, die in Kreuzberg nähen lassen oder in Hamburg bedrucken, aber ist das nicht reiner Protektionismus? Bitte um deine Meinung!

Und jetzt zum DISPUT! Als langjährige Greenpeace-Aktivistin rechne ich mich gemäß neuer Terminologie zu den Alt-Ökos. Aber ich will deine – sorry – Häme gegenüber den LOHAS, den Neo-Ökos, nicht teilen.
Ich will sie mit im Boot und finde, wir sollten uns nicht gegeneinander ausspielen lassen. Weißt du, wer sich erstmal traut, anders einzukaufen und mit dem Einkaufskorb abzustimmen, steht irgendwann doch mit auf der Straße oder schreibt eine Protestpostkarte oder whatever. Und an dir wie mir beobachte ich da und zu mehr schrotkörnige Verbissenheit als der Sache gut tut.

Lg,
Kirsten

P.S. Hey, Toskana-Fraktion gab es doch schon immer, auch bei den politisch Bewussten!

5 | Alexandra

Januar 16th, 2009 at 14:04

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Liebe Kirsten,

hier eine sehr späte Reaktion auf diesen Artikel, weil erst vor wenigen Tagen entdeckt/ darauf aufmerksam gemacht worden.
Ich teile Deine Begeisterung für das Label Fairliebt absolut. Tolle Ideen, mutige Jungunternehmer, zudem supernette Menschen…
Allerdings finde ich die Kritik an der ‚Stadt Hamburg‘ leider nicht so gelungen.
Denn zum einen handelt es sich bei der Aktion nicht um eine Initiative der Stadt Hamburg, sondern um ein Aktionsbündnis mehrer entwicklungspolitischer Organisationen UND der Senatskanzlei Hamburg, allerdings nicht in Person von Ole von Beust (wäre tatsächlich schön, wenn er sich mal direkt um sowas kümmern würde, aber das steht auf einem anderen Blatt).
Zum anderen sind die T-Shirts von ‚hamburg mal fair‘ – man kann das Kind ruhig mal beim Namen nennen – nicht mal eben schnell irgendwie ökologisch und sozial verträglich produziert worden, sondern mit Bedacht bei der vielfach ausgezeichneten SEKEM Initiative in Ägypten gekauft worden. Die große Hamburger Firma, die den Import abgewickelt hat, hat in der Tat in ihrem weiteren Geschäft nicht immer eine weiße Weste, aber man kann den Auftrag auch als ‚Entwicklungshilfe‘ verstehen, denn schließlich wollen wir auch, dass ‚die Großen‘ sich ändern.
Das zum einen zu der Firma, zum anderen auch Dir zur Kenntnis, dass sich das Aktionsbündnis sehr lange mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob über diese Firma abgewickelt werden soll. Letztendlich wurde neben dem ‚geschäftlichen‘ vereinbart, dass man sich für kritische Diskussionen/ Publikumsveranstaltungen zur Verfügung stellt. Dies ist passiert und hier musste sich das Unternehmen jede Menge Kritik am Kerngeschäft gefallen lassen. (Und wird es weiterhin müssen.)
Dennoch war es eine Chance mit dem Großunternehmen zusammenzuarbeiten, denn das Aktionsbündnis alleine – und auch jedes Jungunternehmen – wäre nicht in der Lage gewesen, eine derart umfangreiche – alles in allem mehr als 5000 T-Shirts umfassende Kollektion mit 8 verschiedenen Prints in 4 verschiedenen Farben umfassende – Kollektion zu finanzieren.
Wer sich also selbst ein Bild vom Aktionsbündnis, den T-Shirts und und der eigentlich im Mittelpunkt stehenden Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Fairer Handel mit Schwerpunkt Textilien machen will, kann mal unter http://www.hamburgmalfair.de vorbeischauen.

6 | Kirsten

Januar 16th, 2009 at 15:22

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@Alexandra: Liebe Kritikerin, du hast Recht. Wenn es um große Stückzahlen geht, sind Kooperationen mit Großen nötig und insofern ist deine Kritik an meinem harten Urteil berechtigt. Mein Herz gehört halt den Zwergen, obwohl ich wie du will, dass auch die Großen sich ändern. Touché.
Und gefallen haben mir die Shirts auch. Aber was mich als Lehre für die Zukunft interessieren würde: Wie viele seid ihr losgeworden? Ich habe immer ein bisschen gefürchtet, dass ihr nicht genügend die Trommel schlagt und die ökofaire Ware ein Nischendasein fristet. Ich hätte sie ebenso gerne mal in einem der Touristen-Läden am Hamburger Hafen, am Hauptbahnhof oder Flughafen gesehen. Da habe ich sie schlicht vermisst. Oder nur verpasst?
Vermutlich ist die Produktion nur die halbe Miete und man muss auch viel Kraft ins Marketing stecken, um mit den Shirts auch das Thema zu pushen. Wie ist da eure Bilanz? Denn nächstes Jahr geht es bei der fairen Woche in Hamburg wahrscheinlich nicht noch mal um Textilien, oder?