22 Nov, 2012

Von Technohosen und digitaler Transparenz

Berlin, Gleisdreieck. 2 mal jährlich drängen sich hier sonst die Fashion-Victims zur Premium Messe auf dem Station Berlin Gelände. Doch es ist November und die nächste FashionWeek noch 2 Monate entfernt. Trotzdem strömte letzte Woche Modepublikum in die Hallen der Station. Beyond Berlin lud zum rund um wunderbaren 2. Beyond Fashion Summit. Thema diesmal „Hypernature“.

Und auch eine Menge Nerds und kreative Vordenker waren unterwegs, denn parallel fand der Summit of Newthinking statt, der vielfälltige Ansätze rund um OpenSource und anderen OpenStrategies zusammenbringt.

Der Beyond Fashion Summit startete philosophisch. Hendrik-Jan Grievink von Next Nature präsentierte hybride Produktkonzepte, bei denen natürliche Prozesse angereichert und funktional erweitert werden. Einigen dieser Produkte sollten vielleicht lieber niemals realisiert werden, andere weisen in progressiver Weise auf ein erneuertes Naturverhältnis.

Keine ScienceFiction mehr, sondern bereits umgesetzt, sind die später vorgestellten Fasern und Farben aus der Tabakpflanze (Ploughboy Organics) sowie eine Seide aus Spinnenfäden (Oxford Silk Group).

Großen Raum hat das Thema Transparenz durch digitale Technik eingenommen. So kann im Onlineshop des IOU Projects die Produktionskette jedes Produkts zurückverfolgt werden. Jeder einzelne beteiligte Produzent wird persönlich vorgestellt. Tolles Videomaterial unterschiedlichster Produktionsstätten hat auch Peopletree auf seiner Website zu bieten. Ein Geo-Map-basiertes Track-and-Trace-System bietet Remei ab 2013 seinen Partnerunternehmen an.

Transparenz-Konzepte waren auch bestimmend in mehreren Workshops an Tag 2. Mit dabei Maurice Stanszus von WeGreen, einer Onlinesuchmaschine, die Produkt und Unternehmensbewertungen zu einer Ampelkennzeichnung aggregiert. WeGreen schafft es inzwischen diese Informationen auch Verbrauchern zukommen zu lassen, die sie gar nicht suchen. Über die populäre Mobile App Barcoo können per Barcode-Scan mit dem Smartphone am Produkt zusätzliche Produktinformationen inklusive Testurteilen und Preisvergleichen abgerufen werden. Die WeGreen Nachhaltigkeitsampel ist in diese Infos integriert. Erhebungen zeigen, dass rund 70 Prozent der App-Nutzer weiterführende Inhalte zur Ampelkennzeichnung abfragen.

Ebenfalls um Transparenz ging es in einem weiteren Workshop, in dem ich auch die neuen Händler- und Label-Standards des Korrekte Klamotten Netzwerks, sowie die dazugehörenden Mitgliederprofile vorgestellt habe. Mit dabei auch Magdalena Schaffrin, verantwortlich für die grünen Berliner Modemessen Green Showroom und Ethical Fashion Show. Einig waren wir uns im Workshop, dass für kleine Labels schicke Track&Trace-Plattformen und auch konsequente Durchzertifizierung oft finanziell und zeitlich schwer leistbar sind, die eigene Website jedoch für kostengünstige Transparenzkonzepte genutzt werden kann.

In weiteren Workshops präsentierte unter anderem Norbert Henzel die ganze Bandbreite von Re- und Upcycling-Projekten und deren Potentialen den Verbrauch an Frischfasern zu verringern. Einen Blick auf verschiedene Szenarios des Baumwollmarktes im Jahr 2025 wagte Alexandra Perschau mit ihren Teilnehmern. Lena Schulz (Marlowe Nature), Enrico Rima (Lebenskleidung) und Ivar Schout (Studio JUX) entwickelten in diesem Workshop ein Konzept für eine neue Form eines integrierten Modeunternehmens. Aus recycelter Baumwolle lassen sie im Rahmen von Fashion-Events auf Displays vorgeführte Designs per 3D-Druck vor Ort produzieren und von den Besuchern testen und untereinander austauschen. Ich bin sehr gespannt auf die erste Kollektion!

     
 Lars Wittenbrink   Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs.

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Veröffentlicht in: News

2 Kommentare auf "Von Technohosen und digitaler Transparenz"

1 | Alexandra

November 23rd, 2012 at 10:18

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Lieber Lars,
vielen Dank für deinen Bericht vom Summit!
Bei den Ott-Mädels hast Du dich allerdings vertan, es war nicht Laura Ott, sondern ihre reizende Schwester Lena Schulz, die in unserem Cotton Futures Workshop Ideen für ein neues Modeunternehmen in einer schnellen, hochtechnisierten Welt entwickelt hat.
Die Szenarien, anhand derer wir in zwei Workshops kreativ Zukunftsherausforderungen bearbeitet haben, gibt es übrigens zum Download unter http://www.sustainable-cotton.net/vision – Cotton Futures Full Scenarios!
Herzlichen Gruß
Alexandra

2 | Lars Wittenbrink

November 23rd, 2012 at 10:25

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@Alexandra: ich und Namen. Das klappt leider echt selten… Ich hatte auch schon ein unsicheres Gefühl. Danke für den Hinweis.

@Lena&Laura: bitte entschuldigt die Namensverwechslung!