15 Apr, 2009

Das A bis Z der Ökomode: G

https://www.iprt.iastate.edu/assets/images/shirts_ingeo_4151.jpg

Sicher habt ihr euch schon den ganzen Tag gefragt, ob in eurer Kleidung auch Gentechnik steckt. Jetzt, wo Verbraucherministerin Ilse Aigner den Anbau von Genmais in Deutschland verboten hat, weil die Sorte eine Gefahr für die Umwelt darstellt. Zeit für Teil eins des kleinen A bis Z der Ökomode.

Es gibt ja eine Menge neuer grüner Starlets, die plötzlich in unsere Kleiderschränke wollen. Die grüne Flagge hisst etwa etwa die Firma NatureWorks – eine Fusion des US-Agrarmultis Cargill und des japanischen Kunstfaserspezialisten Tejin. Ihr Darling heißt Ingeo (Ingredients of the earth). Hinter dem fantasievollen Markennamen verbirgt sich langweiliger Mais. Aus der Maisstärke wird in einem industriellen Prozess ein Biopolymer gewonnen, welches sich wie eine Kunstfaser zu einem Endlosfaden spinnen lässt – aber eben nicht auf Erdöl beruht, sondern auf einem nachwachsenden Rohstoff. So weit so gut.

Ökologisches Manko ist, dass dieser Mais in gewaltigen Monokulturen in den USA angebaut wird und das Produkt fast 100prozentig sicher zu einem hohen Prozentsatz Genmais enthält, der in den USA mengenmäßig dominiert. Da die Ernten nicht getrennt werden, kann niemand sagen, welcher Mais für Ingeo verarbeitet wird. Die Firma hüllt sich in vornehmes Schweigen.

Trotz intensivem Labelchecking habe ich hierzulande allerdings noch nichts aus Ingeo entdeckt und warte auf eure Meldungen!

Lange Rede, kurzer Sinn: Wer also auf genetisch veränderte Lebensmittel verzichtet, ist auch bei Kleidung aus Ingeo nicht gut aufgehobenh. Der Gentechnik-Vorbehalt gilt übrigens auch für Sojafasern, die schon weitaus häufiger in Kleidungsstücken landen, seit viele Hersteller meinen, sie müssten jetzt einmal quer durchs Obst- und Gemüsebeet. Der größte Teil der Soja weltweit ist gentechnisch verändert.

Kummer bereitet Umweltschützern aber vor allem der Siegeszug der gentechnisch veränderten Baumwolle. Die sogenannte Bt-Baumwolle wird von Monsanto gepriesen, denn sie verspricht den Verzicht auf teure Spritzmittel. Im Kern ist das richtig: Gentechnisch veränderte Baumwolle enthält einen eingebauten Insektenschutz. Doch die Wunderpflanze rechnet sich trotzdem nicht für die Bauern, sondern nur für die Hersteller. Denn das gentechnisch veränderte Saatgut ist etwa viermal teurer als konventionelles. Das lohnt nur, wenn die Ernten üppiger ausfallen und nicht gespritzt werden muss. Doch die Erfahrungen in Indien oder China zeigen, dass dieser Vorteil nur vorübergehender Natur ist. Über die Jahre tauchten andere Schädlinge auf, sodass der Chemiebedarf und damit die Kosten wieder anstiegen. Bei Studien, die die Vorteile von Bt-Baumwolle belegen, lohnt sich also immer, nachzusehen, welchen Zeitraum sie untersucht haben! Im Kampf gegen Hunger und Armut ist transgene Baumwolle keine Lösung – das beschied der 2008 vorgestellte Weltagrarbericht der UN. Ungeachtet dessen melden Monsanto&Co weiter den Siegeszug ihrer Genbaumwolle – etwa in den afrikanischen Staaten Burkina Faso und Mali.

Die Hälfte unserer Kleidung ist aus Baumwolle – es ist also sicher damit zu rechnen, dass auch in mancher unserer Jeans Gentechnik steckt. Deklariert werden muss das nicht. Und umgekehrt gibt es auch keine Kleidung, die ein Siegel „Ohne Gentechnik“ trägt, wie jetzt etwa bei einigen Lebensmitteln üblich.

Eigentlich ist das auch nicht nötig, denn Biobaumwolle garantiert auch Gentechnikfreiheit. Wer also eine vernünftige Entscheidung trifft und auf Biobaumwolle umsteigt, geht damit auch bei Gentechnik auf Nummer Sicher.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: A bis Z

2 Kommentare auf "Das A bis Z der Ökomode: G"

1 | Dagmar Reichardt

April 17th, 2009 at 09:02

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Hallo Kirsten,

danke Dir für die Aufklärung, denn die tut im textilen Bereich tatsächlich not. Die Verarbeitung von Soja, Mais oder auch Bambus klingt ja zunächst mal spannend und ökologisch, weil natürlicher Rohstoff. Die Gewinnung eines Spinnfadens ist aber sooo chemisch, dass die Umwelt durch das Verfahren extreme Belastung erfährt. Also keine Verbesserung gegenüber einer Kunstfaserverarbeitung. Zudem verliert die Faser dann auch ihre natürlichen Eigenschaften und kann früher oder später für gesundheitliche Probleme sorgen. Bambus kann zum Beispiel auch wie Leinen mechanisch, also manuell ohne Chemikalien zu einer spinnbaren Faser aus der Pflanze herausgelöst werden. Im Normalfall findet man aber eine viskoseartige Verarbeitung, die eben die chemische Auflösung der Cellulose zu einer Art Brei bedeutet, der dann ausgesponnen wird. Eben wie Viskose oder Polyester.

Ich hatte gestern in unserem Blogg bei hessnatur auch einen Beitrag zum gleichen Thema geschrieben (Du wirst ernten, was Du säst). Ich freue mich, dass wir beide hier zum gleichen Schluss kommen, dass beim Kauf von Bio-Baumwolle die Gefahr von genmanipulierter Baumwolle noch nicht besteht. Wir haben ja in Burkina Faso ein ehrgeiziges Projekt mit dem Anbau von Bio-Baumwolle gestartet. Eines der ärmsten Länder und eines, in dem Gen-Baumwolle von Monsanto auf dem Vormarsch ist. Über unseren Konsum müssen wir alle Druck ausüben, damit diese genmanipulierte Aussaat nicht weiter um sich greift, sonst geht es uns mit der Baumwolle irgendwann so, wie wir es heute schon mit Soja haben: es gibt praktisch kein „Ur“-Soja mehr auf dem Markt.

Übrigens, in meinem Beitrag habe ich einen Link zur Schrot & Korn gesetzt, darin wird dieser Schädlingsbefall der Bt-Baumwolle in China beschrieben. Man könnte nur beim Lesen schon verrückt werden!
Also: Aufklärung wo immer, wann immer. Nur wissend sind wir in der Lage, eine (Kauf-)Entscheidung dagegen zu fällen!

Viele Grüße
Dagmar

2 | Alexandra

April 17th, 2009 at 11:11

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Liebe Kirsten, liebe Dagmar,

richtig – Gentechnik ist in der Landwirtschaft nie eine langfristig tragfähige Lösung, und für arme Kleinbauern in Entwicklungsländern erst recht nicht, ob es um Mais, Soja oder Baumwolle geht, ist da eher nachrangig.
Und ja, wenn wir Bio-Baumwolle kaufen, können wir erstmal davon ausgehen dass da keine Gentechnik drin ist. Man könnte zwar an dieser Stelle eine längliche Diskussion um unbeabsichtige Kontamination, vor allem in der Entkörnungsanlage, etc. lostreten, darum geht es allerdings nicht.
Was mir viel wichtiger ist: Die Ratschläge allein auf den Kauf von Bio-Baumwolle zu beschränken, halte ich für zu kruz gegriffen. Der zwar wachsende, aber doch immer noch herzlich kleine Markt wird uns die Gentechnik im Baumwollanbau nicht vom Hals halten.
Schon die Zahlen sprechen dagegen: Bio-Baumwolle bedeckt noch nicht mal 1% der Anbaufläche weltweit, die Gentech-Baumwolle bringt es auf mehr als die Hälfte! Auch in Burkina Faso, wo hess natur biologisch erzeugte und fair gehandelte Baumwolle einkauft, sieht es schlecht aus. 5.000 Bauern machen mit beim Bio-Anbau, viele mehr stehen auf den Wartelisten. Sie können aber so schnell nicht integriert werden in das Projekt – zum einen müssen intensive Schulungen durchgeführt werden, zum anderen ist die weltweite Produktion schnell gewachsen, die Nachfrage hinkt dem Angebot hinterher. Gleichzeitig leben in Burkina Faso aber 700.000 Bauern vom Baumwollanbau. Und die Politik, gemeinsam mit den Großen der völlig daneben gegangenen Privatisierung der Baumwollvermarktungsorganisationen, puscht den Gentech-Anbau. Sie wollen bis 2012 mindestens 10% ihrer Baumwollfläche mit Gentech-Baumwolle bestellen. Die positiven Effekte von Bio & Fair werden gerne mitgenommen, aber auch ein Stück weit belächelt. Zu recht, wenn es nicht gelingt, diese Alternative auf breite und solide Beine zu stellen?
Ich will hier keinen entmutigen, aber ich denke, es braucht mehr als den Kaufapell für die nächsten Teile meiner/unserer privaten Sommerkollektion!
Die Gentechnik im Lebensmittelbereich haben wir auch nicht alleine durch das Essen von Bio-Lebensmitteln gestoppt. Hier war vor allem der gesellschaftlich breit getragene Widerstand ausschlaggebend.
Wir müssen auch bei der Baumwolle auf politischer Ebene deutlich machen,dass wir sie nicht gut heißen.
Wo sind die Unterschriftenlisten an die Regierungen in Burkina Faso, Indien (ein wichtiger Bio-Baumwoll-Lieferant, mit gleichzeitig 82% Gen-Baumwolle!) etc.? Wo die Unterstützung für die Moratorien in Benin und anderen West-Afrikanischen Ländern?!
Die Frage ist doch letztendlich – können wir mehr als uns gut fühlen durch den Kauf von Bio-Baumwoll-Klamotten? Ist die Szene zu Aktion und Politikveränderung fähig? Auch wir beim Pestizid Aktions-Netzwerk müssen uns diese Frage stellen.
Wenn wir – die gesamte bunte Szene, von NGO über Jungdesigner, Großunternehmen und die Blogger/Internetcommunty – nicht politisch(er) werden, wird die Bio-Baumwolle wahrscheinlich irgendwann derart marginalisiert in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, weil die Monsantos, Bayers, Syngentas & Co. den längeren Atem und einfach mehr Geld haben.

Viele Grüße

Alexandra