04 Jun, 2013

Ozon- und Laser-Hosen

jeansveredelung

Nach einer dreijährigen „Non-Denim“-Phase sind die Jeans nun zurück. Die letzten Jahre, vor allem geprägt durch farbenfrohe Chinos und Flats haben einen starken Einfluss auf die kommenden Jeanstrends: Es wird bunt. Farben, Prints (gerne auch All-over) und glänzende Metallic-Beschichtungen. Auch der Destroyed- und Used-Look bleibt uns weiter erhalten und nimmt einstweilen extreme Formen an.
Mehr als 100 Mio. Paar Jeans kaufen die Deutschen im Jahr, das macht 12,3% des Marktvolumens im Bekleidungssegment. Über 68% der hier verkauften Jeans gehen für weniger als 30€ über die Theke und der Durchschnittspreis für Importware – überwiegend aus China, Bangladesch, der Türkei, den Niederlanden und Italien – liegt bei 8,98€. Schwierig sich vorzustellen, dass es bei den Preisen noch umweltfreundlich bei der Produktion zugeht, beziehungsweise zugehen kann, auch wenn die Denimbranche sich „Nachhaltigkeit“ als Topthema auf die Fahne geschrieben hat.
Die ernüchternden Ergebnisse der aktuellen Prüfung von Öko-Test bei Kinderjeans auf Schadstoffgehalt und Materialeigenschaften bekräftigen diesen Eindruck. Die Bestbewertung bei 20 getesteten Hosen ist gerade mal „befriedigend“ – mehr als die Hälfte der Jeans fällt mit einem „ungenügend“ durch.

Dass die Jeansproduktion problematisch ist, was umwelt- und humantoxikologische Aspekte angeht, ist ein offenes Geheimnis. Besonderes beim Färben und beim Finish werden unzählige Chemikalien eingesetzt und enorme Mengen an Wasser verbraucht.
Die Jeansindustrie weiß um diese Missstände und arbeitet auf Hochtouren an neuen Technologien und Alternativen zu den kommerziellen Herstellungsverfahren. Viele dieser Innovationen befinden sich noch in der Testphase oder sind in der Anschaffung so teuer, dass sie es wohl nicht zu einem flächendeckenden Einsatz schaffen werden. Andere wiederum haben definitiv Potenzial etwas zu ändern: Wie die Ozonbleiche und die Lasertechnologie.

Beide Verfahren werden bei der finalen Veredlung eingesetzt, um der Jeans den gewünschten Used-Look zu verleihen. Um diese künstliche Alterung zu erreichen, muss der Farbstoff in mehreren Stufen wieder ausgewaschen werden. Dazu werden chemische Bleichmittel wie Natriumhypochlorit verwendet. Meist sind noch zusätzliche Schritte nötig, wie beispielsweise das Aufsprühen von Kaliumpermanganat, manueller Abrieb mit Schmirgelpapier oder das Waschen mit Bimssteinen (Stonewash).

Das Bleichen mit Ozon – oft auch als Sauerstoffbleiche bezeichnet – ist eine gute ökologische Alternative. Ozonmaschinen sehen aus wie riesige Waschmaschinen und werden per Computer gesteuert. Erst einmal gestartet, wird reiner Sauerstoff eingeleitet, der in Ozon umgewandelt wird. Indigo wird oxidativ zu gelbem Isatin gespalten und bleibt als gelblicher Belag auf der Hose zurück, der in der anschließenden Nachwäsche verschwindet. Der Bleichprozess selbst dauert so lange, bis die Jeans die gewünschte Helligkeit erreicht haben. Das Ozon zerfällt dabei wieder zu Sauerstoff. Die Maschine ist hermetisch abgeriegelt und lässt sich erst öffnen, wenn kein Restozon mehr vorhanden ist. So wird sichergestellt, dass die Arbeiter nicht mit dem Gas in Berührung kommen.
Der spanische Maschinenhersteller Jeanologia hat für sein Modell „G2“ errechnet, dass bei einer Ladung mit 100kg Füllmenge pro Hose 62% Energie, 67% Wasser und 85% Chemikalien eingespart werden.
Ozon kommt übrigens schon lange in der Textilindustrie zum Einsatz, nämlich zum Entfärben von Abwasser.
Kleiner Tipp für alle die dieses Verfahren einmal live sehen wollen: Der deutsche Textilhersteller Joker Jeans lädt an zwei Samstagen im Monat zur Showwäsche in seinem Fabrikverkauf in Ilsfeld, ein seltenes Beispiel für transparente Jeansveredelung.

Immer mehr Firmen bewerben ihre Jeanskollektionen mit „water less“ und greifen dafür zum Laserverfahren. Diese Technologie bietet vielfältige Möglichkeiten – vom authentischen Used-Look über All-over Motive bis hin zu fotorealistischen Abbildungen. In Sekundenschnelle werden die gewünschten Optiken in den Denim gelasert und sind 1:1 reproduzierbar. Wasser wird nur zur Nachwäsche benötigt. Diese Methode ist besonders gut für Qualitäten aus reiner Baumwolle, bei höherem Elastikanteil ist davon abzuraten, da die Fasern sonst zu stark zerstört werden.
Auch ist die Einhaltung von Arbeitsschutz besonders wichtig: Der Laser sollte abgeschirmt sein, damit Arbeiter keine Verletzungen erleiden können und damit der Feinstaub abgesaugt werden kann.

Letzte Woche traf sich das Who`s who der Denimbranche in Paris auf der Denim by Première Vision. Nur wenige der Aussteller präsentierten ihre nachhaltigen Innovationen und Technologien. Warum? Die Nachfrage sei nicht da, wurde mir gesagt. Schade.
Ich hoffe sehr, dass wir alle zusammen das für die Zukunft ändern können: Indem wir nachfragen.

     
 Chahboune   Marina Chahboune ist Modedesignerin und Blog-Gründerin von Beyond Fashion. Sie arbeitet als Projekt Managerin Corporate Responsibility bei Hessnatur. Ihre Masterarbeit schrieb sie im Rahmen des Studienganges „Sustainability in Fashion" über Optimierungsmöglichkeiten in der Jeansproduktion.

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Veröffentlicht in: News

3 Kommentare auf "Ozon- und Laser-Hosen"

1 | Robert Hertel

Juni 4th, 2013 at 17:10

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Funktioniert auch bei Hanf

Lasern und Ozonewash haben wir im letzten Monat auch erfolgreich mit unseren Hanfstoffen getestet.
Für das Nachfolgemodell unserer klassischen Blue Jeans mit typischen Used-Effekten arbeiten wir noch an einem neuen Grundstoff. Wenn alles klappt geht diese Jeans noch vor der Jahreswende an den Start, bzw. in die Läden. Bis dahin gibt es ab nächsten Monat wieder unsere 100% Hanf-jeans, gefolgt von einer Hanf-Biobaumwoll-Mischung im dark Denim Look und einer neuen Farbe – alle bereits von unserem neuen Finisher.
Ich hoffe das war diesmal nicht zu viel Werbung.

Gruß
Robert

2 | Heiko Wunder

Juni 5th, 2013 at 22:05

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Sehr guter Bericht.

Wäre schön wenn sich mehrere Hersteller dazu bewegen würden, ausschließlich nur auf solche Umweltschonende Techniken zu setzen und nicht nur aus Imagegründen ein paar Waschungen anbieten.
Es gibt Alternativen genug, auch die ehem. Stonewäsche, die heute fast nur noch mit ultraleichten Bimssteinen oder styropoor-Kügelchen plus reichlich Chemilkalien eingesetzt wird, kann deutlich umweltschonender durchgeführt werden. Neben Ozon, Laser, Schmirgelpapier und Wurzelbürste ist übrigens auch H2O2 eine erstaunlich umweltfreundliche Alternative.

Letztendlich entscheidet der Endverbraucher und wir von wunderwerk finden es super, dass Ihr für entsprechende Aufklärung sorgt, um die Endverbraucher zu sensibilisieren.

Besten Gruß
Heiko Wunder/ wunderwerk

3 | Neuigkeiten | Mode Blog - Lovingfair

Juni 19th, 2013 at 19:45

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