19 Jan, 2014

FashionWeek Messerundgang Tag 1

1528681_593916650657278_208975288_n

Noch vor der offiziellen Eröffnung komme ich am E-Werk an. Kirsten Brodde (Herausgeberin dieses Blogs!) ist für Claudia Langer (utopia.de) eingesprungen, die kurzfrisitig erkrankt war. Ab sofort ist Kirsten wieder für die Greenpeace-Detox-Kampagne im Einsatz und hatte brandheiße Neuigkeiten mitgebracht. Passend zum Beginn der FashionWeek hat Greenpeace einen Report zu giftiger Chemie in und bei der Herstellung von Kinderkleidung veröffentlicht. Die Ergebnisse der Studie sind wirklich erschreckend. Um so wichtiger, dass sich auch im Bereich grüner Kindermode das Angebot erhöht. Auf der EthicalFashion Show waren erstmals mehrere Kids-Labels vertreten.

Gegenüber dem Sommer 2013 hat die Ethical Fashion Show bei der Zahl der Aussteller wiederholt deutlich zugelegt und war erstmalig komplett ausgebucht. Spannende Neuzugänge waren unter anderem Minga Berlin, die großartige khogySocken verschiedenster Längen und mit diversen bunten Mustern anbieten.
Zu den skurileren Neulingen zählte Khogy, ein Label das „Fischleder“ (ja, richtig gelesen) zu Schuhen und Accessoires verarbeitet. Verwendet werden ausschließlich Abfälle der Fischereiindustrie. Ein leichter Fischgeruch lässt jeden Zweifel an der Echtheit verfliegen.

Durch eine Kooperation mit GreenroomVoice waren auch drei Labels aus dem Bereich Outdoor- und Funktionsbekleidung vertreten. Neben einer kleinen Präsentation von Vaude stellten Pyua und Bleed ihre Kollektionen vor. Während Pyua sein Angebot wasserabweisender und dabei komplett PFC-freier Outdoor- und Skijacken um einige Casual-orientierte Modelle erweitert ist es bei bleed genau andersherum. Die urbane Kollektion des Streetwear-Labels besteht vorwiegend aus superweichen Sweatmaterialien und einigen sehr schönen Strickkombinationen. Dafür werden im Jackenbereich technische Materialien aus Recycling-PET eingesetzt und auch bleed arbeitet mit PFC-freien Membranen und Imprägnierungen (Bionic Finishing).

Sehr gefreut habe ich mich, dass Recolution den Brand in ihrem Aussenlager dank Versicherung wohl gut verkraften konnten. Und nochmehr, dass sie trotz dieser Katastrophe mit ihrer neuen Kollektion eine großen Schritt nach vorne gehen. Die Auswahl an kuscheligen Sweatern ist deutlich gestiegen und die Stoffe fühlen sich noch besser an, als in den vergangenen Saisons (wo sie auch schon super waren). Die modernen Schnitte bekommen einen klassischen Twist durch neue kleine Kunstleder-Labels aus recyceltem PET, die einen tollen Kontrast auf den Farbmelange-Stoffen erzeugen. Die Kollektion bleibt damit komplett vegan.

Premiere auf der Ethical Fashion Show feierten auch Treches aus Berlin. Die Kollektion mit trechesAW14dem schönen Namen „Å“ ist inspriert von Å i Lofoten, einem kleinen Dorf am Ende der Europastrasse 10. Designerin Jeanette Bruneau Rossow hat erneut mit Digitaldrucken gearbeitet. Die Schnitte sind überwiegend oversizig, die Farbtöne diesmal eher gedeckter. Highlights sind sicher der Männer-Sweater „Bark“ mit einem Allover-Birkenrindenprint und das Kleid „Algen“ für das Jeanette schwimmende Algen in Å fotografiert hat (siehe Foto). Erstmals verwendet Treches auch Wolle, die wie auch alle anderen Materialien bei Treches GOTS-zertifiziert ist.

Viel Spass macht die neue Kollektion von Studio JUX und sowieso jedes Treffen mit Label-Mitbetreiber Ivar Schout. Superschöne Strickteile, klare Schnitte und eine gute Kombination von klassischem schwarz und weiß mit farblichen Teilen in rot, petrol und gedeckterem gelb. Besonders gefreut hat mich, dass nun alle eingesetzte Wolle Mulesing-frei ist, wie es sich ja auch die grünen Händler und Kunden wünschen. Am Thema Chlorfreiheit der Wolle sind Studio JUX ebenfalls dran. Ivar möchte zudem eine Datenbank aufbauen, die allen grünen Designern hilft, Lieferanten für Mulesing- und chlorfreie sowie Bio- oder Zque-zertifizierte Wolle zu finden. Eine super Idee, bei der wir gerne Unterstützung leisten werden!

Und auch Komodo ist bei seinem großen Wollstrickangebot für Winter 2014 nun komplett Mulesingfrei und würde sich über Hilfe bei der Suche chlorfreier Wolle sehr freuen. Und nicht nur das. Die Green-Fashion-Pioniere haben eine neue Designerin an Bord, die dem Komodo-Look einen sehr modernen neuen Twist verliehen hat. Neben tollen Strickpullis und Strickkleidern mit geometrischen und teils farblich abgesetzten Panelen, haben mir auch die Tencel-Kleider sehr sehr gut gefallen. Eindeutig die Kollektion, die mich auf der Ethical Fashion Show am meisten überrascht hat, da sie sowohl hinsichtlich Materialien als auch hinsichtlich der Designs eine superstarke Weiterentwicklung zeigt.

Per U-Bahn zur SEEK, der kleinen, hipsterigen Schwester der Premium. Hier debutierten The White Briefs, ein gehobenes Label für Unterwäsche und edle Basics. Die Stoffe fühlen sich unglaublich gut an. Die Preislage ist allerdings sicher nicht mainstreamtauglich mit gut 50 Euro für ein weißes T-Shirt.

Bei Veja gibt es nun endlich auch Sneaker in gold, also die Farbe gold, nicht aus Gold. Ein weiterer Hingucker sind hier ein paar Modellvarianten aus gefärbtem Fischleder. Ich bin ehrlich gesagt skeptisch, ob das angenommen wird. Und das nicht nur wegen der speziellen, „schuppigen“ Optik, die etwas an Schlangenleder erinnert. Wobei es natürlich gute Argumente gibt. Es gibt Berge von Fischhäuten, die Jahr für Jahr vernichtet werden. Fische stammen meist aus freier Wildbahn, auch wenn die Aquakulturen zunehmen. Und zumindest zum jetzigen Zeitpunkt stellt die Verarbeitung von einem Bruchteil der „anfallenden“ Fischhäute sicher keinen Anreiz zu Intensivierung von Fang oder Zucht dar.

Gemeinsam mit allen vier Glore-Ladeninhaber_innen schauen wir auch noch bei Misericordia vorbei. Optisch und haptisch ist die Kollektion ein Traum. Leider sind lediglich die Print-T-Shirts aus ökologischem Material (Bio-Baumwolle), sodass wir Misercordia zurrecht nicht mehr in unserem Green Fashion Guide aufgeführt hatten.

Rüber zur Premium. Es ist unglaublich voll. Zum Glück ist es diesmal möglich seitlich an den Reihen der Stände vorbeizulaufen und mensch wird nicht mehr zum IKEA-mäßigen Slalom durch die gesamte Ausstellung gezwungen. Es gibt auch wieder sowas wie eine Green-Area. In der finden wir unter anderem PeopleTree und Wunderwerk. PeopleTree überzeugt uns vor allem mit wunderbaren warmen Wollstrickpullovern und neuem Basic-Baumwollstrick. Wie immer gibt es auch ein sehr großes Angebot an Kleidern unterschiedlichster Schnitte und Muster. Der Anteil der Bio-Stoffe schien uns gewachsen und 100 Prozent sind offiziell anvisiert.

Hunderprozentigkeit konnte sich Wunderwerk in Sachen Bio-Baumwolle gleich bei der ersten Kollektion auf die Fahnen schreiben. Die in Berlin gezeigte dritte Kollektion enthält aber auch noch jede Menge andere gute grüne Fasern. Erneut kommt Tencel zum Einsatz, unter anderem auch bei einer Fashion-Bluse. Mir gefallen vor allem die vielen schwarzen und weißen Teile, die mit Materialkombinationen (Bio-Baumwolle plus Seide/Modal Edelweiß) spielen und teils nach wilden Clubnächten rufen, teils auch bürotauglich sind, ohne jedoch bieder zu wirken.

Mehr Materialvielfallt auch bei den Armedangels. Die Kölner präsentierten sich mit einem großen Stand in der Haupthalle. Nach den Damen bekommen nun auch die Männer tolle Wollstrickteile geboten. Das Branding wurde nochmals weiterentwickelt und unterstreicht den Weg zur casual- und fashion-orientierteren, weniger sportlichen Kollektion. Sehr gefreut habe ich mich, dass nun in der gesamten Kollektion alle Teile, die nicht aus tierischen Fasern bestehen, auch ohne andere tierische Zutaten (Horn- oder Perlmutt-Knöpfe, Lederetiketten) auskommen. Mehr denn je ist somit auch viel für Veganer_innen dabei. Ansonsten wurde das Tencelprogramm deutlich ausgeweitet und einige Blusen und Kleider weisen auch hier klar Richtung Ausgehgarderobe. Erstmals setzen Armedangels zudem mit Modal Edelweiß eine weitere grüne Regeneratfaser ein. Eindeutig der stärkste grüne Auftritt auf der Premium.

Von der Premium gings ab zur Münzstraße. Dort feierte am Abend Deutschlands erster nudie Jeans Repair Shop seine Eröffnung. Die Schweden haben wirklich einen unglaublichen Lauf. Die Party war supervoll. Für die allermeisten Gäste war „grün und fair“ sicher maximal ein Nebenthema, wenn überhaupt. Nudie überzeugt Jeans- und Modebegeisterte durch die vielleicht zeitgemäßeste Denimkollektion am gesamten Markt und vor allem durch ehrliche Authenzität. Übrigens: in jedem Repair-Store werden zerschlissene nudie Jeans kostenlos repariert. Ein Grund mehr, sich das mal anuzgucken.

     
 Lars Wittenbrink   Lars Wittenbrink schrieb seine Masterarbeit über Nachhaltigkeitspotentiale der Outdoorbranche. Er führt mit Simone Pleus die gruene wiese in Münster - einen der größten grünen Concept-Stores in Deutschland mit angebundenem Onlineshop. Wandelndes Ökomode-Lexikon und Chefredakteur des Blogs.

Hier finden Sie alle Artikel von .

Veröffentlicht in: News

1 Kommentar auf "FashionWeek Messerundgang Tag 1"

1 | Grüne Mode – Kirsten Brodde – Blog » Blog Archive » Zwei grüne Premieren: Kids Green und der Greenshowroom im Kronprinzenpalais

Januar 23rd, 2014 at 15:37

Avatar

[…] Green in den nächsten Jahren (Mehr über die anderen knapp 80 Aussteller im eWerk erfahrt ihr von Lars und […]