22 Jan, 2010
Darauf jetzt ein Bioshirt
Neues vom Planeten Ökomode: In einer Zeit, in denen der Markt für Biobaumwolle rasant wächst, verwundert es nicht, dass es zu Mauscheleien kommt. Es ist ein Zeichen für den Boom, bedeutet aber nicht automatisch Betrug im großen Stil.
Parallel zur Berliner Modewoche und zur Ökomesse TheKey.to wartete die Financial Times Deutschland heute auf der ersten Seite mit einer Betrugsstory auf. Die war allerdings schlecht recherchiert und unterstellte gleich, Biobaumwolle sei per se Schwindel.
Tatsache ist, dass indische Biobaumwolle mit Gentechnikbaumwolle verunreinigt war und schludrige Zertifizierer diese Ware nicht so sauber kontrolliert hatten, wie es nötig ist. Denn deren Kontrollen sind das erste Nadelör, das die Biobaumwolle und damit die späteren Textilien passieren muss. Diese Inspekteure müssen sorgfältig arbeiten, um die Glaubwürdigkeit der Mode und letztendlich der ganzen Branche zu sichern.
Gut ist: Der holländische Zertifizierer Control Union wurde bei diesen Schludrigkeiten erwischt worden, mit einer Geldstrafe belegt und für ein Jahr von jeder Kontrolle in Indien ausgeschlossen worden. Das ist ein gutes Zeichen, denn es belegt, dass schwarze Schafe auffliegen und die Biobranche genau hinguckt.
Ein solcher Einzelfall sollte aber nicht die ganze Branche diskreditieren, denn natürlich sind solche Schummeleien nicht die tägliche Praxis – weder in Indien, noch in der Türkei, wo das Gros des cleanen Rohstoffes herstammt, noch sonstwo. Obendrein gilt: Biobaumwolle ist so viel besser als ihr konventionell gepäppeltes Pendant, dass sie in jedem Fall die bessere Alternative bleibt. Denn sie wurzelt auf giftfreien Äckern.
Bei allem Respekt um die Debatte mit der Gentechnikfreiheit ……Fundament und Bedeutung der Biobaumwolle macht etwas anderes aus.
Die Biobranche ist mit der Biobaumwolle in erster Linie angetreten, dem massiven Einsatz von Spritzmitteln auf Baumwolläckern ein Ende zu bereiten. Auf knapp vier Prozent der weltweiten Ackerfläche werden rund ein Viertel der weltweit eingesetzten Pestizide gespritzt – das ist der eigentliche Skandal. Diese massive Gifteinsatz ruiniert die Gesundheit derer, die sie spritzen. Biobaumwolle schont dagegen Mensch und Umwelt.
Natürlich gibt es auch Unterschiede in der Branche, je nach dem ob nur Geschäftssinn oder auch Gesinnung die Firmen treibt. Diejenigen Ökomode-Anbieter, die lange im Geschäft sind, kennen jeden ihrer Bauern, von dem sie Biobaumwolle beziehen. Seit Jahren. Und sie kontrollieren auch bereits auf dem Acker akribisch, ob die Ware auch wirklich sauber ist. Neben Giftfreiheit testen sie auch mit sogenannten DNA-Sticks, ob die Ware gentechnikfrei ist und nicht etwa genverändertes Saatgut ausgesät wurde.
Das machen die neu eingestiegenen, großen Ketten nicht ähnlich sorgfältig und ruinieren so den Ruf der gesamten Branche, denn für die Kunden ist es schwer zu unterscheiden, wem sie wahrlich trauen können.
Sicher ist: Einmal mehr muss die Branche sicherstellen, dass die Zertifizierer penibel arbeiten und auch nicht für zahlungskräftige große Textilketten ein Auge zudrücken. Gerade in Indien ist das nötig, denn hier liegen die Bioäcker genau neben denen, wo konventionell angebaut wird oder gar mit Gentechnik.
Das ist alles lange bekannt und wird als Problem von der Biobranche diskutiert. Schade wäre, wenn ein Journalist und ein aufgebauschter Fall der ganzen Branche schadet und die Kunden jetzt wieder auf konventionelle Billigware umsteigen, weil sie Ökofrust schieben. Denn jeder Bioacker mehr auf der Welt ist wahrlich gut. Und jedes Bioshirt eine richtige Entscheidung.
Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
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