31 Jul, 2008
Pfauenpower
Gut, ihr findet die Woll-Kollektion mit Pflanzenfarben mausgrau und immer noch DDR-ig? Um eine Lanze für die Spremberger zu brechen: erstens leuchten ihre Farben auf Baumwolle wesentlich brillianter und zweitens handelt es sich um eine Färberei. Dringend brauchen die Spremberger Tuche Stoff-Designer mit viel Geschmack und ordentlich Pepp. Und vielleicht ist ja der feine pflanzengefärbte Wollstoff auch eher und – endlich! – was für eine Herrenkollektion mit Sackos und Anzügen?
Die neue Buntwäsche seht ihr oben und rechts. Die Ingolstädter Designerin Inka Koffke, die auch schon Pflanzenfarben in ihren Outfits experimentiert hat, hat ihre Sommerware 2009 zwar mit synthetischen Farben gefärbt, aber die sind GOTS-zertifiziert, also geprüft und freigegeben vom derzeit anspruchsvollsten Ökolabel für Mode. Selbstverständlich sind die Teile aus Biobaumwolle! Ich weiß: das hat erheblich mehr Pfauenpower. Ihre Stoffe lässt sie unter anderem bei der Firma Lichtschatz in Wangen färben. Die Farben sind schwermetallfrei und – vereinfacht gesagt – so gesund wie möglich.
Nur zur Erinnerung: Farben sind die mengenmäßig wichtigste Gruppe der für Textilausrüstung verwendeten Substanzen. Und sie sind am bedeutsamsten, was mögliche gesundheitliche Risiken betrifft, die von Kontaktallergien bis zu schwerwiegenden Erbgutveränderungen reichen. Experten schätzen, dass rund 10 Prozent aller verwendeten Farben eigentlich auf den Index gehören. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin sind derzeit etwa 800 Farbmittel für Kleidung in Gebrauch.
Schön wäre es, Farbstoffe müssten deklariert werden, zumindest die, von denen man sicher weiß, dass sie Allergien auslösen können – für Betroffene wären diese Information Gold wert. Das lasche deutsche Textilkennzeichnungsgesetz sieht das nicht vor. Das Gesetz verlangt lediglich Angaben über die verwendeten Fasern. Hilfs- und Farbstoffe brauchen nicht deklariert werden, sie bleiben also „under cover“.
Verbraucherschützer klagen seit über zehn Jahren über dieses Manko. Und das Interesse der Verbraucher daran ist eher noch gewachsen! Stellt euch vor, wie schnell viele Kleiderkäufer die durch Bäder von Chemie gezogene Kleidung liegen lassen würden, würde drauf stehen: „Enthält acht Prozent Farbstoffe, die möglicherweise Allergien auslösen können“. Der Markt für die grüne Mode würde rasant wachsen. Und wer gerne Pfauenpower hat, der kann sie – wie oben zu bewundern – ja durchaus bekommen.
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Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland. Hier finden Sie alle Artikel von Kirsten . |
Veröffentlicht in: Label




