09 Sep, 2010

Klar und deutlich

Dieser Blog hat genaue Leserinnen und Leser, was ich sehr schätze. Als ich neulich freudestrahlend die Basic-Modelinie von „Grüne Erde“ aus Österreich ankündigte, fragten einige Kommentare und Mails, ob bei der GOTS-Zertifizierung der Kollektion nicht mehr versprochen wird als gehalten. Also habe ich Barbara Freund von „Grüne Erde“ gebeten, sich zum Vorwurf der heißen Luft zu äußern. Hat sie gemacht und die News am Schluss gleich exklusiv mitgeliefert. Grüne Erde tritt der Fair Wear Foundation (FWF) bei.

„Liebe Frau Brodde,

jetzt habe ich intern die Details geklärt und kann Ihnen unsere Stellungnahme zukommen lassen:Grüne Erde hat einige Produkte mit einem eigenen GOTS-Zeichen versehen. Auf einer ausführlichen Seite über die Grüne Erde Standards ist dieses Zeichen erklärt:

“Dieses Label orientiert sich am renommierten „Global Organic Textile Standard“ (Gots). Dieser gewährleistet, dass die Produkte zu mindestens 90 % aus Naturfasern sowie zu mindestens 70 % aus Rohstoff en aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft gefertigt und nach strengsten Richtlinien weiterverarbeitet werden. Die Rohstoffe, Garne und Färbungen sind nach dem „Gots“ zertifiziert.”

Das ist so auch vollkommen korrekt: Grüne Erde Produkte, die dieses Zeichen tragen, sind in der gesamten Produktkette nach IVN GOTS zertifiziert, der Lieferant selbst ist aber noch nicht zertifiziert. Das heißt, die Produkte entsprechen dem Standard, dürfen sich aber (noch) nicht als GOTS-zertifiziert bezeichnen.

Ihre Beschwerde zeigt auf, dass das so für unsere Kunden evtl. nicht deutlich nachvollziehbar ist. Das ist uns auch vorzuwerfen – nicht aber, dass wir bewusste Irreführung betreiben. Die Schwierigkeit liegt darin das zu kommunizieren.

Zur Erklärung: Grüne Erde arbeitet seit zwei Jahren an der Entwicklung der Modelinie. Für uns war von Anfang an klar, dass alle zertifizierbaren Produkte nach strengsten Kriterien zertifiziert sein müssen. Dass das möglich ist, stand nie in Frage. Überraschend war dann aber, wie lange es dauert bis alle in der Kette – inkl. dem Lieferanten des fertigen Produkts – zertifiziert sind. Da die Lieferanten sich ja selbst zertifizieren lassen müssen, war einige Überzeugungsarbeit nötig diese Partner, für die wir ja auch neue Geschäftspartner sind, von der Notwendigkeit einer Zertifizierung zu überzeugen. So erschien im Juli der Katalog und die letzten in der Kette – die Lieferanten – waren noch nicht zertifiziert. Deshalb haben wir darauf zurückgegriffen, den genauen Entwicklungsstand zu beschreiben.

Unsere Einkaufsabteilung hat mir heute versichert, dass diese Lücke geschlossen wird – die Überzeugungsarbeit war erfolgreich. Alle Lieferanten treten Gots bei. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Produkte bereits jetzt den Gots Standard erfüllen!

Außerdem ist es in den nächsten zwei Wochen so weit, dass unser Beitritt zur Fair Wear Foundation abgeschlossen ist. Wir sind entschlossen, den strengsten ökologischen und sozialen Richtlinien zu entsprechen und anerkennen, dass das mit Labels bewiesen werden muss.

Ich hoffe sehr, dass das für Sie nachvollziehbar und akzeptabel ist.

Vielen Dank und liebe Grüße!

Barbara Freund“

BESTEN DANK. Wenn ihr noch Fragen habt, wendet euch beherzt selber an Grüne Erde. Auskunft bekommt ihr sicher.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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Veröffentlicht in: Label

5 Kommentare auf "Klar und deutlich"

1 | Gregor

September 9th, 2010 at 15:55

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Das man bei Zertifizierungen sehr gewissenhaft vorgehen muss, hat ja jüngst auch der „Vorfall“ der Stiftung Warentest im Zusammenhang mit Armed Angels gezeigt. Ich finde es aber gut, dass es immer wieder Menschen, bzw. Kunden gibt, die genau hinschauen.

Was mir noch nicht so ganz klar ist, ist, was denn nun genau wie zertifiziert sein muss bei den jeweiligen Standards. Ich habe mir noch nicht die Mühe gemacht, mich detailliert in die Standards einzulesen. Kennt dazu jemand eine gute Übersichtsseite?

Wie ist das z.B. bei einer FLO-/Fairtrade-Zertifizierung? Die ist doch nur für die Baumwolle, oder kann FLO auch die Prozesse zertifizieren? Woher weiß ich dann, was bei einem Fairtrade-Label an meinem Handtuch alles eingeschlossen ist? Nur die Bio-baumwolle oder auch die Konfektion und die Färbung?

2 | Kirsten

September 9th, 2010 at 17:03

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@Gregor: Fairtrade ist aus meiner Sicht ein Sozialsiegel – bio ist nicht eingeschlossen. Bislang sind nach neueren Zahlen fünf bis acht Prozent der Fairtrade-Baumwolle auch aus Bio-Anbau. Angestrebt wird aber von Fairtrade hier zu mehr zu kommen. Und bei den Lebensmitteln hat das auch geklappt.

Die weiteren Produktionsprozesse (Färbung etc.) überwacht Fairtrade nur rudimentär – sprich guckt auf Papier. Sie sind Spezialisten für den Rohstoff und den Anbau – die Straße ist aber – wie du angemerkt hast – noch deutlich länger. Fairtrade bezeichnet sich aber offen selbst als „Einstiegslabel“.

Aus Verbrauchersicht müssen wir sicher zu einem Siegel kommen, dass die gesamte Produktion von Textilien umfasst – das ist aber womöglich laxer als das, was jetzt mit GOTS, Fairtrade oder Fair Wear Foundation (FWF) da ist.

3 | Gregor

September 9th, 2010 at 18:04

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@Kirsten: Jetzt habe ich selber Bio und Fair zusammengeworfen, was ich ja eigentlich immer vermeiden will. Danke für den Hinweis.

Und richtig, Fairtrade ist Sozial-Standard für die Rohstoffe. Mir war bloß nicht ganz klar, ob auch die weiteren Prozessschritte zertifiziert sein müssen, wenn Bekleidung das Fairtrade-Label ziert. Dem ist wohl so, nur anscheinend, wie du sagst, auch noch nicht in einem großen Umfang. Aber immerhin ein Anfang.

Also sollte es schon GOTS+Fairtrade sein. Solche Produkte gibt es ja auch schon. Wenn man dazu noch der Fairware-Foundation beitritt, sollte man doch mit 3 Standards schon ziemlich sicher aufgestellt sein, dass die Kette einer guten Kontrolle unterliegt und man bio UND fair ist. So wie es „Grüne Erde“ (ohne Fairtrade) jetzt macht.

4 | Kirsten

September 10th, 2010 at 09:46

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@Gregor: Aus Verbrauchersicht halte ich das ja trotzdem für Wahnsinn mit dem Trio GOTS+Fairtrade+FairWearFoundation. Ehrlich gesagt auch aus Unternehmenssicht. Ob da noch alle durch die nötigen Zettel und Zertifikate durchsteigen? Und wenn Stiftung Warentest dann nach „Transaktionszertifikaten“ etc. verlangt, bricht das große Suchen aus. Wir machen deshalb auf der Biofach 2011 ein Seminar, wie all die „Zettel“ aussehen, wie man sie bekommt, was man dafür tun muss.

5 | Leo

September 13th, 2010 at 15:50

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hm, also ich finde die Kommunikation von Grüne Erde entweder etwas ungeschickt – oder absichtlich zusätzlich verwirrend. Entweder ich „orientiere“ mich an einem Standard – halte ihn aber nicht überall ein- oder ich halte einen Standard ein und bin noch nicht zertifiziert.
Sagt Grüne Erde, dass nur die Konfektion nicht zertifiziert ist? Oder doch auch andere Produktionsstufen?
Immerhin zeigt die Anlehnung an den GOTS, dass dieser langsam wirklich etwas Wert ist. Wie sieht es eigentlich Markenrechtlich aus? Darf Grüne Erde ein eigenes Label „Gots“ entwickeln und veröffentlichen?
FairWearFoundation beitreten – sehr gut und respekt!