24 Nov, 2010

Näher, bitte!

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Nach der Berliner Ökomode-Messe „TheKey.to“ rückt nun auch die Ethical Fashion Show näher an etablierte und populäre Messen heran. In Paris wechselt nicht nur den Ort, sondern auch den Termin. Ab 2011 findet die Messe Anfang September statt und parallel zur „Who´s next“ und „Prêt-a-porter“ Paris.

Ganz nah dran bin ich persönlich am Textilkongress der Biofach 2011, dessen Programm jetzt veröffentlicht ist. Wie schon 2010 läuft der Kongress parallel zur Messe im Februar und wird von Bernd Hausmann und mir geplant und gemanagt. Stargast gleich zur Eröffnung am Mittwoch ist Phil Chamberlain, der Einkaufsdirektor von C&A, dem größten Einkäufer von Biobaumwolle weltweit. Auf dem ersten Forum werden alle aktuellen Zahlen, die wir zur Ökomode-Branche haben, präsentiert werden. Sprache ist Englisch.

C&A ist insofern doppelt spannend, als dass der Textilkonzern hinter den Kulissen gemeinsam mit anderen großen Marken wie Nike&Co. an einem eigenen Zeichen für Ökotextilien bastelt, der dem GOTS, aber eigentlich allen anderen Spezialsiegeln Konkurrenz machen wird. Wir werden sehen, wer dann zum Schattenlabel verkümmert und wer sich international durchsetzt. Mit einer Labelflut wie momentan organisieren wir meiner Meinung nach vorsätzliche Verbraucherdesinformation, das ist keine Frage. Sollte 2011 tatsächlich ein Krieg der Standards beginnen, dann wird es am Ende Sieger und Verlierer geben. Optimistisch betrachtet mündet es aber in eine Harmonisierung von Ansätzen. Dass dabei Wischi-Waschi herauskommen wird, ist noch nicht ausgemacht. Es hängt entscheidend davon ab, welche Spieler mit welchem Gewicht nächstes Jahr ins Feld ziehen. Wer jetzt in Deckung geht und die Augen verschließt, der hat allerdings sicher verloren.

Das hört sich noch sehr geheimnisvoll ist und ein bisschen gespenstisch, aber solche Phasen gab es in anderen Öko-Branchen auch. Es ist letztlich ein Zeichen für Professionalisierung und damit gut.

Mein heißester Tipp für die Biofach 2011: Trendforscherin Nicoline van Enter von YTrends aus den Niederlanden über die Ökoschuhe von morgen und was sich heute schon abzeichnet.

     
 Kirsten   Kirsten Brodde, Blog-Gründerin und Autorin von "Saubere Sachen", hat das Thema Ökomode quasi aus dem Nichts entwickelt. Sie arbeitet als Greenpeace Detox-Campaignerin bei Greenpeace Deutschland.

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7 Kommentare auf "Näher, bitte!"

1 | Alexandra

November 25th, 2010 at 17:44

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Liebe Kirsten,
wer bastelt da wo? Und warum hinter den Kulissen? Und ist es allein bedrohlich wegen der „Großen“?
Was hindert die „Großen“ an GOTS und was soll deren Label werden, GOTS light, oder wie?
Eine spannende Diskussion, die unbedingt öffentlich geführt werden sollte. Bin auf mehr Infos gespannt!

… und zudem fürchte ich derzeit neben der Labelflut eine Label-Vergleichs-Flut. Da sitzen momentan auch mehr als genug Leute dran, und statt sich zusammen zu tun, entwickelt jeder seine eigene Matrix. Das wird erst lustig, wenn wir dann nicht nur die Label auseinander halten sollen, sondern auch noch die unterschiedliche Bewertung verschiedener Systeme durch diverse NGOs, Verbraucherzentralen etc.

HILFE. Kirsten, tu was!

2 | Kirsten

November 25th, 2010 at 19:54

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@ Alexandra: Ach herrje, das wahr echt schwer verständliches Zeug, was ich da geschrieben habe. Ich hätte lieber was zu Trends schreiben sollen. Dass jetzt zum Beispiel in 2011 ganz sicher Capes und Ponchos kommen und das man vor Weihnachten nicht rot und grün tragen sollte, um nicht wie ein Weihnachtsbaum auszusehen, oder so.
Nein, im Ernst. Wir bekommen eine absolute „Verbreiung“ bei den Standards und wir brauchen dringend einen Label-Watchdog. Zumal die Supermärkte ja auch noch alle ihre eigenen Öko-Label machen wie etwa REWE mit ProPlanet etc.
Und dann empfehlen wir jeweils nur das eine, wirklich beste Zeichen. Statt PEFC nur FSC bei Holz, bei Bananen nur Fairtrade/Bio und nicht Rainforest Alliance etc……
Ein paar Erläuterungen zur neuen „Sustainable Apparel Coalition“, die ich da so gespenstisch in den Raum gestellt habe.
Dahinter verbergen sich sowohl Marken wie Patagonia als auch Händler wie Wal-Mart, die zusammen 50 bis 60 Prozent der Umsätze mit Kleidung weltweit repräsentieren und damit ein echtes Schwergewicht sind. In den nächsten zwei Jahren wollen sie ein eigenes Zeichen, einen Eco Index, erarbeiten – immerhin gemeinsam und natürlich gleichermaßen gültig für Mode aus Naturfasern wie aus Kunstfasern, was mir extrem gut gefällt. Wie „light“ oder „strong“ das wird, lässt sich vielleicht absehen, wenn im Januar 2011 mehr Details veröffentlicht werden.

Wir beide kaufen uns erstmal ein Cape, denke ich. Wenigstens ein Trend, den wir nicht verschlafen. Und rot und grün sind eh nicht meine Farben….

3 | Lars

November 25th, 2010 at 22:09

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Ein Öko-Label, dass zugleich Natur- und Kunstfasern abdeckt, finde ich erstmal gut, wobei es das mit bluesign ja eigentlich auch schon in Ansätzen gibt. Landet das Ganze dann bei der Verarbeitung und Färbung unterhalb von GOTS, IVN und bluesign, ist damit der Verbreitung wirklich nachhaltiger Produktionsweisen im Textilsektor wohl nicht gedient.

Und wie siehts eigentlich mit der Unabhängkeit aus? Sind da auch NGOs dabei? und wenn ja, welche?

Gefährlich wird es, wenn da dann auch windelweiche und schwach kontrollierte soziale Kriterien mit rein kommen und das Ganze dann als öko + fair Siegel erfolgreich vermarktet wird. Da sollten wir uns mal fix was überlegen, wie wir sowas vielleicht noch verhindern/beinflussen können.

4 | Alexandra

November 26th, 2010 at 15:26

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Liebe Kirsten,
Label-Watchdog – Prima! Empfehlung nur auf eines wird sicher eine Herausforderung, aber irgendwer muss da ja mal dazwischen gehen, sonst wird’s wirklich ein Brei – und der soll mal schön für Babymünder reserviert bleiben, in bio versteht sich!
Rot und grün trage ich schon gern, aber bitte nicht zusammen. Das mit dem Cape können wir in Angriff nehmen. Ponchos sind dann doch eher nix für mich.Da fühl ich mich sonst gleich wie beim Krippenspiel in der Grundschule, wo ich so ein doofes Ding tragen musste um den Schäfer zu miemen – welch grauenvolle Erinnerung!

5 | Jan Bauer

November 27th, 2010 at 17:06

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Ich stimme Kirsten zu. Der „Krieg“ ist aber schon in vollem Gange.

Auf Tagungen erklären bluesign-Vertreter vor und hinter den Kulissen, dass GOTS nichts taugt. Nicht, weil er Chemiefasern ausschliesst. Sondern weil in ihren Augen die ökologischen Kriterien viel zu schwach seien, Baumwolle per se unökologisch sei und moderne Chemiefasern die Lösung aller ökologischen Probleme bieten. Mehr dazu auf der bluesign-site z.B. unter dem Punkt „benefits“.

Zur Sustainable Apparel Coalition gehören neben Wal-Mart, C&A, Nike auch Levi Strauss, H&M, Marks & Spencer, GAP und viele mehr.

Motor der Coalition ist bluesign.

6 | Kirsten

November 28th, 2010 at 21:00

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@Jan Bauer: Wollen wir mal telefonieren? Über einen Anruf in Hamburg würde ich mich sehr freuen. Bluesign, die über eine beeindruckende Datenbank von Chemikalien verfügen, ist eine interessante und vor allem inwzischen sehr wirksame Idee, aber sicher sind sie Apologeten der End-of-Pipe-Idee. Im Grunde denken sie – vermute ich – eigentlich ließe sich alles Abwässer klären. Ich denke das nicht, er wird auch darum gehen, bestimmte Substanzen ganz zu bannen. Und das denke ich trotz der „schwarzen Liste“, die Bluesign auch hat.
Und was ist mit Sozialstandards? Bluesign plus SAI 8000?

7 | Bernd Müller

Dezember 2nd, 2010 at 00:38

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Endlich kommt wieder Wind in die Label-Diskussion! Die aktuelle Unübersichtlichkeit ist kein guter Zustand und trägt bestimmt nicht dazu bei, dass ein allgemeines Bewusstsein für nachhaltige Mode entsteht (im Unterschied zu Bio-Nahrungmittel).

Wie man hört, soll es ein offener Standard werden, an dem sich alle beteiligen können und nicht nur ein paar private Firmen. Offenbar orientiert man sich am eco index der Outdoor Industry Association. Ein paar Jährchen wird es aber bestimmt noch dauern, bis beim Konsumenten etwas ankommt – wer auch immer dahintersteckt und schiebt.